08 November 2006

Bush vs. Schüssel

Interessante Parallelen tun sich auf, wenn man die Wahlen in Österreich mit jenen in den USA vergleicht. In beiden Ländern wurde ein allzu konservativer Kurs vom Wähler abgestraft, in beiden Ländern weigern sich die Verlierer einzusehen, dass der Wähler ihre eigene Meinung nicht teilt. Einer der Regierungschefs spricht direkt mit Jesus, während der andere zwar katholisch ist aber höchstens zur Inspiration in die Kirche geht. Doch beide glauben offensichtlich, der Wählerwille hat den Willen Gottes untergraben und kommen mit dieser Tatsache nicht klar.

Nun muss man jedoch auch die Unterschiede sehen. Während George Bush die versammelte Presse im übertrieben locker-texanischen Stil fragt, ob sie denn glauben, er sei 'nuts' (verrückt) und sich danach weiter durch das Notfallprogramm stottert, mimt die österreichische Konservative die Prinzessin auf der Erbse und verweigert ganz einfach die Arbeit. Sie tut dies ungleich professioneller als die bestbezahlte und mächtigste Polit- und PR-Maschinerie der Welt. Man kann jedoch über das Wahlsystem in den USA sagen, was man will: Die Machtübergabe geht normaler Weise ohne Zicken vor sich, so bald ein Ergebnis vorliegt. Der Wähler wird nicht hingehalten und würde sich das auch nicht gefallen lassen. Den Preis für eine ähnliche Taktik würden hunderttausende kleiner Funktionäre vom Polizeichef im Mittelwesten bis zum Leiter der Müllabfuhr einer Kleinstadt in Alaska zahlen - denn auch solche und ähnliche Funktionen werden in Amerika vom Volk gewählt und nicht nach Parteibuch besetzt. Die großen Wahlen alle zwei Jahre gehen immer mit hunderten Volksabstimmungen auf Bundesstaatsebene und Personalabstimmungen auf lokaler Ebene einher, deren Ergebnisse selbstverständlich gesetzlich bindend sind.

Vielleicht wäre dies auch für Österreich ein gangbarer Weg, auch wenn so viel Demokratie historisch hier nicht gewachsen ist. Doch der Vorteil liegt auf der Hand: Statt sich die Packeleien der Parteigranden aller Farben einfach ansehen zu müssen und am Wahltag brav das Kreuzerl an der richtigen Stelle zu machen, würde die Basis plötzlich ungleich mehr Macht haben. And that's a bad thing for democracy ... why?

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1 Kommentar:

Die weibliche Hälfte hat gesagt…

Nur keine Eile, wir liegen noch gut im Schnitt. Wir müssen erst mal die 129 Tage hinter uns bringen, die ÖVP und SPÖ im Jahr 1962 mit Verhandlungen verbraten haben. Da geht sich noch ein bisschen Prinzessin und ein bisschen Erbse aus. Vielleicht fühlt sich die ÖVP auch dem sportlichen Motto: weiter, höher und LÄNGER verpflichtet? Irgendwer hat doch mal gesagt, es kommt auf die Länge an. *zurmännlichenhälfteschau*